
Die Gemeinde Löhnberg hat, obwohl sie unter dem Schutzschirm steht, seit 2010 in beiden kommunalen Kindergärten die Elternbeiträge völlig abgeschafft. Nur für das Mittagessen, das als externe Leistung vom Weilburger Krankenhaus geliefert wird, müssen die Eltern bezahlen. Wie so etwas wirtschaftlich umzusetzen ist, hat Bürgermeister Dr. Frank Schmidt am Mittwoch dem 6.9. im Greifensteiner Gasthaus Simon erläutert. Dass dieses Thema trotz der halbherzigen Gebührenbefreiung durch die hessische Landesregierung kurz vor der Wahl von großem Interesse ist, zeigte sich auch daran, dass Ortsvereinsvorsitzender Werner Spies auch Gäste aus der Nachbarkommune Leun begrüßen konnte.
Frank Schmidt wies darauf hin, dass die vom Land zugesagte Pauschale von 136 € pro Kind bei weitem nicht ausreicht, eine Ganztagsbetreuung zu finanzieren. Für Löhnberg hat er schon von Anfang an auf ein anderes Konzept gesetzt. Es gibt zwei kommunale Kindergärten mit 5 bzw. 6 Gruppen. Dazu gehören jeweils eine Krippengruppe ab 1 Jahr und eine Vorschulgruppe, die in Zusammenarbeit mit der ebenfalls von der Gemeinde übernommenen Grundschule für einen reibungslosen Übergang sorgt. Die Kinderbetreuung liegt vom 1. bis zum 10. Lebensjahr (Ganztagsbetreuung an der Grundschule) in der Hand der Kommune.
Durch den Aus- und Umbau der Kindergärten konnten einmal die laufenden Kosten so deutlich gesenkt werden, dass die Investition sich schnell amortisierte und zudem ein sehr günstiger Personalschlüssel erreicht werde, so dass auch bei Notfällen, wenn durch Krankheit oder Elternzeit Erzieher/innen länger ausfallen, keine Gruppe geschlossen werden muss. Diese Verlässlichkeit führte dazu, dass schnell fast alle Kinder der Gemeinde zwischen ein und zehn Jahren die kommunalen Kindergärten in Löhnberg besuchen. Für junge Eltern ist das ein Anreiz, nach Löhnberg zu ziehen, was gegenüber dem regionalen Trend dazu führte, dass die Gemeinde in den letzten Jahren um über 200 Einwohner gewachsen ist.
Durch die Auslastung der Kindergärten und das gemeinsame pädagogische Konzept für die Kinder von 1 -10 Jahren ergab sich eine Kostenersparnis, die es ermöglichte, die Kindergartengebühren völlig zu streichen. Die in vielen anderen Kommunen gebrauchte Rechnungsweise, die Defizite durch Erhöhung der Kindergartengebühren auszugleichen, ist laut Frank Schmidt eine Milchmädchenrechnung, weil viele Eltern sich weniger Betreuungszeiten leisten können und so die Einnahmen – auch der Landeszuschüsse – bei gleichbleibenden Kosten eher sinken, da die Zuschüsse nach Kinderzahl und Betreuungszeiten und nicht nach Gruppen fließen. Durch volle Gruppen und volle Betreuung heben die Zuschüsse die Einnahmen aus den Elterngebühren voll auf und die Kommune steht dabei finanziell sogar besser da, weil die laufenden Kosten für die Gebäude (Heizung usw.) unabhängig von der Auslastung anfallen.
In seiner Zeit als Bundestagsabgeordneter hat sich Frank Schmidt vom wissenschaftlichen Dienst ausrechnen lassen, dass kostenfreie Kindergartenplätze bundesweit pro Jahr derzeit etwa 2,5 Milliarden Euro kosten würden, während eine Erhöhung des Kindergeldes um 10 Euro, und das ist nur ein Bruchteil der durchschnittlichen Kindergartengebühren, bereits mit 2 Milliarden zu Buche schlügen. Für die Familien ist das aber ein gewaltiger finanzieller Unterschied, der pro Familie bis zu 7000 € pro Jahr ausmacht. Dazu kommt noch das einheitliche Konzept von der Krippengruppe bis zur Grundschule, das für jedes Kind die optimale Förderung vorsieht, was gerade die Unterschiede in der Bildung je nach sozialer Herkunft bestmöglich ausgleicht. Hier wird sozialdemokratische Politik in einem wirtschaftlich sinnvollen Rahmen umgesetzt.
Dass das funktioniert, zeigt sich daran, dass Löhnberg seit einigen Jahren einen ausgeglichenen Haushalt hat bzw. Überschüsse zum Abbau der Schulden generiert. Dafür wird aber ein Bürgermeister, eine Gemeindevertretung und eine Verwaltung gebraucht, die zusammen nach Lösungen suchen statt nach Gründen, warum es nicht geht. Auch in Löhnberg gab es zuerst Widerstände nach dem Motto, das haben wir schon immer so gemacht. Durch viel Überzeugungsarbeit und die jährlich nachvollziehbaren Zahlen – Transparenz ist wichtig – war es möglich, dass das Modell inzwischen in der Gemeinde allgemein akzeptiert ist, was die Belegungszahlen eindeutig beweisen.