Energiewende – global und lokal

Einen wahrlich hoch informativen Vortrag von Frau Prof. Dr. Martina Klärle erlebten die Gäste des dritten Themenabends der SPD Greifenstein zur Kommunalwahl 2016. Frau Prof. Klärle ist Dekanin im Fachbereich Architektur, Teilnehmerin an der Weltklimakonferenz und geschäftsführende Direktorin des Forschungsinstituts für Architektur, Bauingenieurwesen und Geomatik. Somit konnte sie unter dem Motto: „Energiewende – global und lokal“ wirklich eine geballte Ladung an Fachkompetenz präsentieren.

Energiewende – weg von den klimaschädlichen fossilen Energieträgern zu den erneuerbaren Energieträgern – das ist sicher eine globale Aufgabe, aber die Lösungen können überall nur vor Ort gefunden werden. Dabei ist auch die Vernetzung zwischen Ballungsräumen mit hohem Energiebedarf und den ländlichen Räumen mit den großen Potentialen nach Aussage von Frau Klärle essentiell. Dabei muss immer auf ein Gleichgewicht zwischen Ökologie, Ökonomie und sozialen Belangen geachtet werden.

Ein Beispiel für die Möglichkeiten der dezentralen Energieerzeugung, das zeigt, wie wichtig die dezentrale Erzeugung und die Vernetzung ist, kann man am Solardachkataster ablesen. Eine flächendeckende Befliegung aller Gemeinden, bei der alle Gebäude dreidimensional aufgenommen wurden, ermöglicht es ab Jahresmitte, für jedes Gebäude die mögliche Ausbeute an Solarstrom sehr genau zu beurteilen, wobei das Rechenmodell auch die Beschattung und die jahreszeitlich unterschiedliche Sonneneinstrahlung berücksichtigt. So kann jeder ermitteln, ob sich für eine Dachfläche eine Solarstromanlage rechnet. Schon Solaranlagen auf einem Prozent der geeigneten Dächer könnten einen wesentlichen Beitrag zur landesweiten Energieerzeugung leisten.

Ein großer Teil des Energieverbrauchs wird aber für die Erzeugung von Wärme, sowohl für Heizung wie für gewerbliche Prozesse, eingesetzt. Daneben spielt der Verkehr eine Rolle. Was konsequente Energieeinsparung und umwelfreundliche Energieerzeugung bewirken können, das stellte Frau Klärle an dem Gebäude vor, in dem ihre Firma ihren Sitz hat. Es ist ein alter Bauernhof, den sie in einem sehr schlechten Zustand übernommen hat. Durch konsequenten Umbau der Gebäude, in denen neben ihrer Firma inzwischen zwei barrierefrei Wohnungen und ein Hebammenpraxis untergebracht sind, wird durch Solardächer, konsequente Isolierung, Wärmegewinnung aus dem Grundwasser eines Brunnens mit Hilfe einer Wärmepumpe, nicht nur die gesamte elektrische und Wärmeenergie für die Gebäude und Solarstrom für drei Elektroautos erzeugt sondern auch noch ein Überschuss von 102 % im letzten Jahr ins Netz gespeist. Die Anlagen haben sich in wenigen Jahren amortisiert.

Insbesondere die Elektromobilität ist ein Anliegen von Frau Klärle, die auch mit einem Elektroauto von Frankfurt nach Rodenroth gekommen war. Das Ziel von 1 Million Elektroautos sei durchaus bei entsprechender Förderung zu erreichen, wie ja auch die Abwrackprämie bewiesen habe, bei der sogar acht Millionen alte „Dreckschleudern“ durch Neuwagen ersetzt worden seien. Der höhere Anschaffungspreis für Elektroautos werde bei größeren Stückzahlen schnell sinken und sich zudem schnell durch die Einsparungen bei Verbrauch und Wartung bezahlt machen.

Eine wichtige Aussage, die auch gerade im Zusammenhang mit der anstehenden Regionalplanung für uns sehr wichtig ist, war, dass die Windkraft als Energielieferant auch in Zukunft noch an Bedeutung gewinnt, wobei die Akzeptanz durch sogenannte Bürgerwindräder deutlich erhöht werde. Für die Effizienz sei es ganz wichtig, dass die Standorte mit der größten und konstanten Windhöffigkeit gezielt genutzt werden, weil die Ausbeute exponentiell zur Windgeschwindigkeit steigt. So bringt schon der Unterschied zwischen 5,5 und 7 m/sec Windgeschindigkeit mehr als doppelt so viel Ertrag. Bei uns liegen in den Spitzenlagen die Windgeschwindigkeiten bei ca 7,2 m/sec, weshalb ja auch Greifenstein die Ausweisung weiterer Vorrangflächen im Regionalplan anstrebt.

Wirtschaftliche Argumente und ökologische Argumente (mehr Wind > weniger Anlagen bei gleicher Ausbeute) ergänzen sich hier sehr gut. Dazu gehört auch die Ökobilanz der verschiedenen Anlagen: Windkraft erzeugt in ca. zwei bis 6 Monaten die Energie, die für die Herstellung und Auftstellung der Anlagen verbraucht wurde, bei Solarstrom sind es ein bis zwei Jahre, bei Biomasse abhängig von den Transportwegen noch länger. Bei allen erneuerbaren Energien ist aber die Ökobilanz so, dass die Anlagen sich nach einem Bruchteil der Laufzeit energetisch rentieren. Auch ökonomisch sind die Anlagen interessant, zumal sie noch den zusätzlichen Effekt haben, dass Arbeitsplätze im ländlichen Raum geschaffen werden.

Die anschließende angeregte Diskussion zeigte, dass Frau Kläle den Zusammhang zwischen globaler Klimaentwicklung und regionaler Energiewende sehr deutlich gemacht hatte und viele Anregungen zum Nachdenken, aber auch für Initiativen im heimischen Raum gegeben hatte.

Ein Bericht von Dr. Klaus Schmidt.