
Dass der 1. Mai kein bloßer Wandertag ist, zeigt die 125-jährige Tradition der Arbeiterbewegung, dieses Datum als Tag des Protestes zu nutzen. Über die Jahrzente standen dabei viele verschiedene Themen im Mittelpunkt, die für die jeweilige Zeit zentral waren. In diesem Jahr lag der Fokus auf Mindestlohn, Freihandel und Flüchtlingspolitik.
Die von der IG Metall veranstaltete Kundgebung auf dem Herborner Marktplatz war – trotz mäßigen Wetters – mit rund 500 Teilnehmern gut besucht. Neben dem Vertreter der Evangelischen Kirche in Herborn, dem Dekan Andreas Friedrich, standen mit Hans Benner (Bürgermeister Herborn) und Wolfgang Schuster (Landrat des Lahn-Dill-Kreises) auch Vertreter der Sozialdemokratie am Rednerpult und vollzogen sinnbildlich den Schulterschluss mit den ebenfalls anwesenden Gewerkschaften.
Insbesondere Wolfgang Schuster wartete mit einer emotionalen Ansprache auf, in der er dazu aufrief, Flüchtende aus aller Welt, die ihre Heimat unter gefährlichsten Umständen verlassen, nicht als Bedrohung, sondern als Chance zu begreifen. Der demographische Wandel bedrohe den Lahn-Dill-Kreis auf immense Weise, weshalb Zuwanderung im besten Sinne „alternativlos“ sei. Insbesondere Bewegungen wie PEGIDA sagte Schuster den Kampf an: „Wir müssen selbst auf die Straße gehen!“. Die „neuen“ Nazis seien nicht immer sofort erkennbar, entlarvten sich aber durch ihre Worte wie „Lügenpresse“.
Neben den Rednern waren auch die Abgeordneten der heimischen SPD, Stephan Grüger und Dagmar Schmidt, in Herborn anwesend. Unterstützt von zahlreichen Jusos aus der hiesigen Arbeitsgemeinschaft, bewies die SPD im Lahn-Dill-Kreis, dass sie weiterhin und ungebrochen die Partei der Arbeitenden ist. Dass der Mindestlohn, der als „Schutzschirm nach unten“ gedacht, von Unternehmern und politischen Gegnern als „Bürokratiemonster“ verschrien wird, ist Hohn und Spott für diejenigen, die für ihre tägliche, harte Arbeit endlich mit 8,50 € bezahlt werden.
Die schriftliche Erfassung der täglichen Arbeitszeit, die mit kurzen Eintragungen erfolgen kann, ist vielmehr notwendig, um Tricksereien zu verhindern, die Arbeitnehmer in der Vergangenheit immer wieder um ihren gerechten Lohn gebracht haben. Der Erste Bevollmächtigte der IG Metall Herborn, Hans-Peter Wieth, setzte den Schlusspunkt unter die gelungene Veranstaltung, indem er auf das Leid vieler Menschen hinwies, die nicht wie die Deutschen von Globalisierung und Digitalisierung profitierten: „Deren Elend darf uns nicht egal sein“.
Internationale Solidarität ist daher nicht nur als Maßstab für die aktuelle Flüchtlingspolitik zu sehen, sondern muss auf allen Arbeitsgebieten der Politik als inhaltlicher Grundsatz betrachtet werden. Das Motto der Veranstaltung in Herborn fasst dies mit einfachen Worten zusammen: „Menschen gehen vor!“