Politik und eine Ehrung beim Heringsessen

Das Heringsessen am Aschermittwoch ist bei der Greifensteiner SPD seit Jahren eine beliebte Tradition geworden. Dazu gehört auch, dass der Wahlkreisabgeordnete und der Landrat herzlich eingeladen sind und wenn es zeitlich möglich ist, auch ein paar Worte zur aktuellen Lage zu sagen haben.

So konnte Ortsvereinsvorsitzender Werner Spies neben den über 40 Besuchern auch Stefan Grüger (MdL) und Landrat Wolfgang Schuster am Mittwoch Abend in der Linde in Holzhausen begrüßen. Es war für Grüger und Schuster fast ein Heimspiel, denn sie wohnen beide in Driedorf.

Doch vor den Grußworten hatten sie eine sehr angenehme Aufgabe zu erfüllen. Am Tag vor seiner goldenen Hochzeit wurde Dieter Kautz für 50 Jahre Mitgliedschaft in der SPD geehrt. Als er in die Partei eintrat war in Hessen Georg August Zinn Ministerpräsident und die SPD stand noch vor der ersten großen Koalition in Bonn, in der Willy Brandt Außenminister war. Wolfgang Schuster übergab Ehrennadel und Urkunde für die lange Treue zur SPD.

In seinen Dankesworten sagte der Jubilar, dass er zwar nicht immer in allen Punkten mit der SPD einer Meinung gewesen sei, aber über die langen Jahre die Übereinstimmung doch zu 75% überwogen hätte. Deshalb sei die SPD seine politische Heimat gewesen und bleibe es auch weiterhin. Solange die Partei der Anwalt derer sei, die nicht ihre wirtschaftliche und gesellschaftliche Überlegenheit für ihre eigenen Ziele einsetzten, sei es auch seine Partei. Dieter Kautz war lange Jahre in Berlin und später in Hüttenberg politisch aktiv und lebt seit einigen Jahren in Greifenstein.

Wolfgang Schuster war gerade von der Asylkonferenz mit Sozialminister Grüttner gekommen und sprach auch über die aktuelle Situation im Lahn-Dill-Kreis. Im letzten Jahr wurden im Kreis 960 Flüchtlinge aufgenommen, in diesem Jahr könnte sich die Zahl verdoppeln. Gleichzeitig nannte er auch die Zahlen, um die die Einwohnerzahl des Kreises in den letzten Jahren abgenommen hat und in den nächsten Jahren abnehmen wird, was besonders bei der Bevölkerung zwischen 20 und 65, die den größten Teil der Arbeitsplätze im Kreis besetzt, zu deutlichen Rückgängen führen wird. Der demographische Wandel bedeutet nach Aussage von Wolfgang Schuster, dass wir in den nächsten Jahren immer stärker darauf angewiesen sind, Zuwanderer aufzunehmen und auch auszubilden bzw. Fachkräfte in die heimische Wirtschaft zu integrieren. Dass dafür aber erst einmal Mittel für die Aufnahme von Flüchtlingen, für Sprachkurse und Ausbildung notwendig sind, ist auch klar. Den Kreisen und Kommunen wird dabei die Hauptlast aufgebürdet, wobei die Kosten im Schnitt zu etwa einem Drittel von Bund und Land übernommen werden. Für die ohnehin klammen Kommunen ist das eine schwere Last, die auf Dauer nicht zu tragen ist.

Auch Stefan Grüger ging in seinem Grußwort auf die kommunalen Probleme ein. Gerade in solchen schwierigen Zeiten sei wichtig, eine verlässliche Politik zu machen. Im Bezug auf die Wahlen in Hamburg sagte er, das Ergebnis von Olaf Scholz sei das beste Beispiel dafür, dass die SPD durch Zuverlässigkeit und eine gerade Linie Wahlen gewinnen könne. Olaf Scholz sei bekannt dafür, dass er mache, was er sage und sage was er vorhabe. In der Koalition in Berlin habe die SPD von Anfang an mit dem Mindestlohn und vielen anderen Projekten das umgesetzt, was sie im Wahlkampf gesagt habe und was dann auch im Koalitionsvertrag auch festgeschrieben wurde. Eine klare Linie und ein fester Standpunkt sei da wichtig und deshalb sei man in Hessen in der Opposition, denn für eine eigene Mehrheit habe es nicht gereicht und sich verbiegen, um mitzuregieren, wollte man auch nicht. Darum nehme man jetzt die wichtige Aufgabe der Opposition war, der Regierung auf die Finger zu schauen und auch zu kontrollieren.

Dass die Veranstaltung, im Gegensatz zum politischen Aschermittwoch andernorts, kein Anlass war, sich auf Kosten anderer zu profilieren, zeigt sich auch daran, dass Steffen Dross als Vorsitzender der Greifensteiner CDU als Gast willkommen war und auch ein Grußwort sprach. Er sprach die aktuelle Diskussion in der Gemeinde zum Streit um die Märkte an und sagte, dass es auch in seiner Partei unterschiedliche Positionen und Meinungen dazu gebe, aber bei allen sachlichen Streitpunkten dürfe das zu keinen persönlichen Angriffen und Verunglimpfungen gegen Gemeindevertreter egal welcher Partei führen, die es in der Vergangenheit von Außenstehenden immer wieder gegeben habe.

Hier sei er mit allen Angegriffenen solidarisch, denn Meinungsfreiheit bedeute, dass man auch andere Meinungen aushalten müsse. Ein gutes Zeichen für die gelungene Veranstaltung war, dass die Grußworte kurz und der gesellige Abend bei gutem Essen und Trinken recht lang war.